Surfboards Shapen

Vor ziemlich genau 12 Jahren haben wir unser erstes Brett geshaped. Wir, das sind Dan und ich (Felix).
Lutz von Windflüchter hatte uns einen Rest eines Schaumstoffblocks geschenkt, der bei seiner Windsurfboardproduktion übrig geblieben war. Das Ergebnis war der Meisenknödel. Ein Brett, von dem wir dachten, es sei genau richtig für die Ostsee: Wenig Rocker, um auch durch flache Sections zu kommen, viel Volumen, damit man möglichst früh rein kommt und auch bei runden Wellen kein Problem hat und kurz, um auch in steilen kurzen Wellen manövrierfähig zu bleiben. So die Theorie.

Von Unterwasserschiff und Rails hatten wir noch keine Ahnung und noch viel weniger vom Glassen. Also dem Prozess, bei dem man den empfindlichen Schaumstoffkern in eine robuste Hülle einlaminiert. Nach ein paar Tagen war das Brett fertig und die ganzen unerwünschlichen Delaminierungen beim verarbeiten des Epoxidharzes unter großen Temperaturschwankungen (es war Winter) igroniere ich jetzt mal. Die erste Session in Kühlungsborn war hervorragend. Meist bricht dort eine flache Welle mit wenig Druck aber immerhin auch wenig Wind. Also eigentlich eher zum Longboarden.
Ich erinnere mich daran, als wäre es gestern, dass wir ganz links in der Ecke, direkt neben der Hafenmauer, einen kleinen Peak für uns hatten und eine runde Welle nach der anderen anpaddelten. Das Board rutschte total schwammig auf der Wasseröberfläche umher, aber wir waren überglücklich und total überwältigt von dem, was wir da mit unseren eigenen Händen geschaffen hatten.

Zwei Sessions später ist das Brett auf der Autobahn bei 120km/h vom Dach geflogen und wurde nie wieder repariert.

12 Jahre, 3 Shapingbays und ca. 40 Bretter später, habe ich das Gefühl, dass meine Surfbretter richtig gute Schnitten sind. Ich shape ausschließlich PU Blanks und glasse diese mit Epoxidharz. Das hat zum einen den Vorteil, dass man wesentlich gesundheitsschonender arbeiten kann, da die Alternative Polyesterharz super toxische Dämpfe entwickelt. Und zum anderen bietet die Mischung von PU und Epoxy meiner Meinung nach die beste Kombination aus Flex und Stabilität. Allerdings ist es etwas aufwändiger und komplizierter Epoxidharzbretter zu laminieren.

Die Faszination für die Herstellung eigener Bretter mit den einfachsten Mitteln ist aus einer Art Not heraus entstanden. Es gibt nach wie vor nur eine Handvoll Surfshops in Norddeutschland und selbst mit guten Beziehungen zu den Besitzern sind die Bretter von der Stange noch super teuer. Handshapes von Shapern aus dem Ausland sind meistens noch teurer und natürlich mit noch längeren Wartezeiten verbunden. Die größte Inspiration kam wohl aber, als wir Psychic Migrations gesehen haben und Ryan Burch vor Ort in Chile einen Fish gebaut hat und damit die krassesten Lefts gesurft ist. Das wollte ich auch können. So zu surfen sowieso, wobei das wohl leider nichts mehr wird haha aber auch solche Bretter zu bauen.
Um mit den Ostseewellen klar zu kommen, brauchten wir aber Bretter, die wir testen konnten, um zu wissen, was wir beim Nächsten anders machen wollen würden. Durch diesen Prozess lernt man nicht nur super viel über die Dynamiken der verschiedenen Shapes, sondern auch gleichzeitig über sein eigenes Surfen. Was brauche ich eigentlich, was funktioniert bei meinem Körpergewicht, bei welchen Wellen und mit welchem Erfolg...

Bei dem ganzen Müll, der bei der Produktion von Surfbrettern entsteht, ist es mir super wichtig, so ressourcenschonend wie möglich zu arbeiten.

Das heißt, dass ich Blanks aus dem Ausland (leider gibt es hier keine) kaufe, bei denen die Maße schon ungefähr mit dem übereinstimmen, was ich daraus bauen möchte. Außerdem arbeite ich immer öfter mit Polyola Blanks, die einen Anteil Holzkomponente verwenden und recycelbar sind und ich verwende bio-based Epoxy für die Laminierung. Der wichtigste Faktor bei der Nachhaltigkeit ist jedoch die Haltbarkeit eines Brettes. Dein Board kann so "Eco-friendly" wie möglich gebaut sein, aber wenn es nach zwei Jahren durchbricht, ist es trotzdem nur ein Haufen Sondermüll. Von den knapp 40 Brettern, die ich gebaut habe, ist mir erst ein einziges durchgebrochen (ein 7'11"er Twin im französischen Shorebreak). Alle anderen Dings waren immer reparabel.

Die wichtigsten Bestandteil beim Bau eines Boards sind die Idee, die Werkzeuge, die Materialien und die Übung. Es gibt Seiten wie Surfer Steve, die genaue Anleitungen haben, wie der Prozess von Statten geht und es gibt Bücher, die sich intensiv mit dem Einfluss des Shapes, der Bottom-contours, der Rail, dem Material und dem Finnenplacement beschäftigen. Aber all die Theorie kann den Lernprozess nicht komplett abkürzen. Wobei ich sagen muss, dass je weiter ich mich entwickele, desto mehr folge ich wirklich den Regeln und versuche so genau wie möglich zu arbeiten.

Nur so kommt am Ende wirklich ein gutes und ausgewogenes Brett heraus.

Super wichtig für den gesamten Shapeprozess ist natürlich auch dein Shaperaum oder auch Shaping Bay. Gemeinsam mit Dan haben wir unsere erste in einer Gemeinschaftswerkstatt eingerichtet. So richtig mit Farbe an der Wand und Lichtern an den Seitenwänden, um die Konturen besser erkennen zu können. Danach ging es für mich in einen Raum, der eigentlich semioptimal war, da er ein großes Fenster hatte und ich nur tagsüber arbeiten konnte. Wenn aber zu viel Licht im Raum ist, kann man schlecht die Ungebenheiten aus machen und deshalb habe ich mir Anfang des Jahres einen Seecontainer ausgebaut. Ich muss sagen, dass das die beste Entscheidung war, denn so genau habe ich die Nouancen vorher bei weitem nicht erkennen können. Und eine ordentliche Absaugung ist auch Gold wert.

40 Bretter hört sich natürlich nicht wirklich viel an und die meisten Leute, die sich Shaper nennen, würden dir sagen, dass man erst nach 1000 Brettern wirklich wiederholgenau arbeiten kann, aber darum geht es mir gar nicht. Ich habe die 40 Bretter über einen Zeitraum von mehreren Jahren gebaut und bei jedem Brett fließt super viel Vorvisualisierung in den Prozess mit ein. Ich surfe die Boards mehrere Monate oder Jahre und weiß dann genau, was ich beim nächsten anders machen möchte.

Ich würde behaupten, dass das beste Surfboard für die Ostsee ein Fish mit etwas progressiverem Shape und eingezogenem Tail ist.

Irgendetwas zwischen 5'4 und 5'8 für die meisten Leute und zwei Finnen. Dadurch kann man durch flache Sections gleiten und hat mit dem schmalen Tail immer noch genügend Drehmoment, um anständige Turns zu machen. Außerdem machen Fishes einfach nur super viel Spaß! Generell shape ich eigentlich sogut wie nur Twinnies, da das für mich einfach die schnellsten und beweglichen Boards sind. Und die Mär, dass man einen Twin auf der Backside schwerer surfen kann, trifft meiner Meinung nach nur auf Retro-Shapes zu. Sobald die Rail- und Rockerline etwas moderner gestaltet sind, fühle ich da keinen Unterschied zu einem Thruster.

Das ist das Schöne am "selber Bauen" ist, dass ich das nur nebenbei mache und keinen Druck habe, für andere Leute Bretter shapen zu müssen. In letzter Zeit habe ich jedoch immer wieder Boards auch für Freunde gebaut und bin gerade dabei, einen kleinen Stock an Boards für den Binsurfen Surf Shop hier auf unserer Seite anzulegen. Vielleicht ist ja das ein oder andere Board schon im Onlineshop!
Übrigens heißen meine Bretter Pams Surfboards und wenn sich jemand findet, der den Glassing-Prozess übernehmen möchte, würde ich mich sehr freuen. 🙂

Momentan besteht mein Quiver aus einem 5'6"er Keelfish, einem 6'5"er Channelled Twin und einem 7'4"er Channelled Twin.

Ps: Ich habe für den Artikel Bilder von Lucas Günther, Dan Petermann, Tim Wendrich, Tilman Kramp und Marcus Friedrich benutzt. Vielen Dank Jungs!