Alleine in Galizien

Ich habe diesen Absatz jetzt 10 mal neu angefangen und sage es jetzt einfach frei heraus: Am liebsten bin ich auf Surftrips weit weg von den meisten anderen Menschen. Crowds machen mich wahnsinnig und andere Deutsche im Lineup meistens ebenso. Ich verstehe nicht, warum Leute nicht zurückhaltend die Locals respektieren können und warum (offenbar 80% einer aktuellen Umfrage eines Campingtoilettenherstellers) die meisten in den Wald kacken.

So. Aber genug des Hates. Denn ich liebe es auch mit freundlichen Gesichtern Wellen zu wechseln und gemeinsam übergroße Freude zu empfinden. Es gibt nicht viel schöneres, eine Barrel zu haben und dabei in das Gesicht eines jubelnden Vorbeipaddlers zu gucken. Und die andere Seite ist ebenso schön!

Trotzdem ist es offensichtlich, dass 80 Mio. Deutsche irgendwo Urlaub machen wollen und dadurch in jedem noch so kleinsten Winkel Europas aufkreuzen. Uns inklusive. Und wenn es jetzt überall Lidl und Aldi Filialen gibt, fühlt sich natürlich auch jeder gleich absolut zu Hause. Was ein riesen Trugschluss ist, denn es ist ja das zu Hause von anderen Menschen. Es ist der Parkplatz, an den ein zwei mal die Woche die älteren Herrschaften aus der Umgebung fahren, um den Strand zu genießen. Der Strand, an dem die lokalen Surfer surfen gelernt haben und es immer noch machen. Der Ort, der für viele nur einen kurzweiligen Abstecher bietet. Aber wir sind mehrere Wochen in unserem Auto unterwegs und können uns quasi überall niederlassen.

Umso glücklicher macht es mich, dass sich noch ein paar Ecken weit weg des Mainstreams finden lassen, an denen man gut gelaunte Locas und Wellen mit wenigen Menschen finden kann. Die meisten Deutschen machen ihre Tour den Atlantik runter, um Wellen zu finden und schaffen es oft aus Zeitgründen oder Bequemlichkeit nicht über Frankreich oder maximal San Vicente hinaus. Das ist das Glück der wenigen, die Elternzeit haben oder remote arbeiten können. Letztere haben sich seit Corona aber offenbar alle in der Algarve verschanzt.

Bitte denkt nicht, dass ich mich aus diesem ganzen Schlamassel raus ziehen möchte. Ich bin auch noch auf einer Selbstfindungsreise, wie man sich nachhaltig und sanft durch Europa bewegen kann, ohne das Leben, was wir leben komplett aufzugeben. Gerade weil es in Deutschland so schwierig ist, surfen zu gehen, ist die Motivation natürlich umso größer, ein zwei mal im Jahr den Atlantik unsicher zu machen.

Spanien ist ja seit Generationen eins der beliebtesten deutschen Reiseziele. Aber besonderns an den jüngsten Protesten der Einheimischen auf den Kanaren und Balearen gegen den Massentourismus, kann man gut sehen, dass zumindest Teile des Landes genug haben. Und das liegt hauptsächlich an dem Umgang mit dem Tourismus vor Ort.

Genau deshalb ist es so wichtig, dass auch wir, die diese Hotelburgen ebenso wenig mögen und gern meiden, verantwortungsvoll mit den anderen Tourismusressourcen umgehen. Glücklicherweise darf man an viele Orten in Spanien noch im Auto übernachten und glücklicherweise gibt es Bauern, die ihre Wiesen zur Verfügung stellen. Aber das ist alles nicht selbstverständlich und deshalb ist Respekt so viel Wert. Unsere Reisepläne hängen maßgeblich von dem Wohlwollen der lokalen Community ab.

Womit ich zu meinem Punkt kommen möchte: Wir hatten eine außergewöhnlich tolle Erfahrung in Galizien in diesem Frühjahr. Schon seit vielen Jahren gibt es dort ein paar Ecken, die für mich zu den schönsten der Welt gehören und wir kennen mittlerweile ein paar der oben beschriebenen älteren Herrschaften, die jeden Tag zum Strand kommen, um ihn zu genießen.